Wie Sie mit Ihrer Retourenstrategie Umsatzpotenzial verschenken

TR
26th Sep 2022
3 Minuten, 34 Sekunden
Etwa 530 Millionen Pakete mit 1,3 Milliarden Artikeln sind in Deutschland 2021 laut einer Studie der Uni Bamberg (1) an die Händler zurückgegangen. Selbst die pessimistischsten Prognosen wurden damit übertroffen. Die damit verbundenen Kosten steigen weiter, auch bedingt durch wachsende Ausgaben für den Warentransport.

Der Druck, Retouren zu vermeiden oder die damit verbundenen Kosten zu senken, macht das Kundenerlebnis dabei zum Kollateralschaden. Denn der Rückversand ist Teil der Customer Experience. So gaben 80 % der Käufer in einer Retourenstudie (2) an, schlechte Erfahrungen bei der Rückgabe seien ein entscheidender Grund dafür, den betreffenden Anbieter künftig zu meiden.

Customer Experience endet mit dem Kauf, oder?

Das verbreitete Missverständnis: Die Kundenerfahrung endet mit dem Kauf. Die fehlgeleitete Schlussfolgerung: Retoure bedeutet immer Gutschrift, also fokussieren sich alle Strategien zur Kostenreduzierung auf Retourenvermeidung.

Fakt ist aber, dass ein ganzheitliches Retourenmanagement vom Kunden als Service wahrgenommen wird. Die damit verbundene Kommunikation mit dem Kunden enthält ein großes Potential zur Generierung von Umsatz. Eine an den Bedürfnissen der Kunden orientierte Rücknahme hilft, die Customer Journey insgesamt zu verbessern.

Mein Kunde, das unbekannte Wesen

Ein ganzheitliches Retourenmanagement, welches den Kunden auch bei der Rückgabe in den Mittelpunkt stellt, verbessert über die Kundenbindung auch die Erträge. Unternehmen, die dies erkennen, stehen heutzutage auf breiter Front dabei vor einem operativen Problem: Fehlende Erkenntnisse über die Situation und Wünsche der Kunden aufgrund mangelnder Daten.

Ein Grund dafür ist die immer noch weit verbreitete Zettelwirtschaft in Form des Retourenbeilegers. Wie soll auf diesem Weg eine zeitnahe, automatisierte digitale Verwertung der Daten erfolgen? Versteht man hingegen bereits im Vorfeld, warum der Käufer die Absicht hat, die Ware zurückzusenden, kann man proaktiv handeln. Über einen Beileger lässt sich das Problem des Käufers nicht im positiven Sinne lösen.

Weitere Medienbrüche verhindern die Gestaltung einer positiven Customer Experience bei der Rückgabe: Immer dort, wo nicht alle Prozesse digitalisiert sind, fehlen operationalisierbare Erkenntnisse.

Wunscherfüllung in Echtzeit

Der Schlüssel zum positiven Kundenerlebnis: Informationen über den Kunden in Echtzeit. Eine vollständig digitale Rückversand-Strategie verschafft umfassende Einblicke in Probleme mit Lieferungen, Produkten und die Wünsche der Kunden.

Lernen Sie Ihre Kunden in ihrer Situation auf individueller Basis kennen, indem Sie die gesamte Prozesskette digitalisieren. Alle relevanten Abteilungen – von Marketing und Vertrieb über Logistik bis hin zum Kundenservice – sind eingebunden. Nutzen Sie Daten aus allen internen und externen Quellen.

Dies versetzt Sie als Händler in die Lage, die Rückgabe als Service für den Kunden auszugestalten. Sie schließen die zeitliche Lücke. Durch diesen Vorsprung werden Sie nun proaktiv tätig.

Ein ganzheitliches Retourenmanagement ist dabei weit mehr als ein schickes User Interface für Kunden und den Customer Service. Zumeist führt der Weg zum Etikett-Download nämlich nicht über ein ganzheitliches Retourenmanagement, welches alle Optimierungsaspekte berücksichtigt, sondern auf ein einfaches Retourenportal (User Interface für Labeldownload). Händler gewinnen damit keine Erkenntnisse aus den Retouren, um die Produkte, den Online-Auftritt und den Kundenservice zu optimieren.

Ein ganzheitliches Retourenmanagement unterstützt die gesamte Customer Experience. Es misst den Kunden über sein Verhalten und seine Interaktionen hinweg. Diese umfassende Betrachtung liefert die Basis für personenspezifische Entscheidungen in Echtzeit.

Kundenzufriedenheit macht sich immer bezahlt

Denn die eigentlichen Probleme beim einzelnen Kunden können vielfältig sein: Das Produkt gefällt nicht, es ist defekt, bei der Lieferung zu Bruch gegangen, oder weist einfach einen kleinen Mangel auf. Oder aber ein Adressfehler seitens Händler oder Lieferant führt zum Abbruch ohne den Kunden zu involvieren.

Ebenso vielfältig können Sie nun als Händler auf das Kundenbedürfnis reagieren. Indem sie proaktiv Alternativen zu einer Rückgabe anbieten, kommt es unter Umständen erst gar nicht zu einem Rebound.

Über die Plattform können Sie dem Kunden einen Rabatt anbieten oder einen Gutschein senden, und damit einen Anreiz schaffen, den Artikel zu behalten. Bei technischen Produkten sind Selbsthilfe-Videos ein probates Mittel, das Problem noch vor Ort zu lösen.

Und sollte sich der Kunde trotzdem für einen Rückversand entscheiden, so sorgt die Plattform für die bestmögliche Experience, indem seine Wünsche berücksichtigt werden.

So ist der Verzicht auf den Beileger zugunsten eines digitalen Feedbacks keineswegs eine Einladung, mehr Retouren zu erzeugen. Für den Fall wiederholter Rückversendungen können Gebühren erhoben und dies dem Kunden vorab ankündigt werden.

Customer Lifetime Value

Die Betrachtung der gesamten Customer Journey ist der Schlüssel zur richtigen Customer Experience-Strategie. Das proaktive Retouren-Handling auf Basis von Echtzeit-Informationen liefert dafür das fehlende Puzzle-Teil. Der vollständige Realtime-Überblick vom Outbound über alle eingespielten Services bis zum Rebound lässt Unternehmen Handlungsalternativen bereitstellen, bevor der Kunde retourniert. Der Lohn: größere Warenkörbe, häufiger wiederkehrende Kunden und mehr Umsatz.

Quellen:

(1) Forschungsgruppe Retourenmanagement, Universität Bamberg, 2022, http://www.retourenforschung.de/info-ergebnisse-des-europaeischen-retourentachos-veroeffentlicht.html

(2) Jörs / Mostaan (2020): Umfrage zu Retourenservice / Retourenmotivation, https://www.bevh.org/fileadmin/content/04_politik/Nachhaltigkeit/Retourenkompendium/Kundenperspektive/bevh_Jo__rs_Mostaan_6.2_6.3.pdf. In: bevh-Retourenkompendium, https://www.bevh.org/politik/bevh-retourenkompendium.html

Bild: Andrii Zastrozhnov/stock.adobe.com